2020. Ende 2020 enthielten sogar zwei Ausgaben des Ungarischen Amtsblattes Magyar Közlöny Novellen zu bestehenden Rechtsvorschriften über den Verbraucherschutz. Zu den Neuigkeiten gehört, dass ungarische Verbraucherschlichtungsstellen ihre Verfahren ab 1. Januar 2021 weitgehend auf dem elektronischen Weg abwickeln, die Verbraucherschutzbehörden das Inverkehrbringen von Waren von zweierlei Qualität ab 28. Mai 2022 mit einer Geldbuße von mindestens 4% des Nettoumsatzes sanktionieren und die Bekanntgabe einer Preisermäßigung nur bei gleichzeitiger Angabe des vorherigen – nicht ermäßigten – Preises erfolgen kann. Auch die Regeln für Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmen ändern sich ab 28. Mai 2022 erheblich.
Das in der Ausgabe 275/2020 (11. Dezember 2020) des Ungarischen Amtsblattes Magyar Közlöny bekanntgemachte neue Gesetz CXXXVI/2020 über die Änderung einzelner Gesetze in Bezug auf den Verbraucherschutz führt wesentliche Änderungen im Wortlaut des ungarischen Gesetzes CLV/1997 über den Verbraucherschutz (nachstehend: Fgytv.) und des ungarischen Gesetzes XLVII/2008 über das Verbot unlauterer Geschäftspraktiken gegenüber Verbrauchern (nachstehend: Fttv.) ein. Parallel dazu ändert die ungarische Regierungsverordnung 712/2020 (30.12.2020), erschienen in der Ausgabe 296/2020 (30. Dezember 2020) des Ungarischen Amtsblattes Magyar Közlöny, u. a. zahlreiche Bestimmungen der früheren Regierungsverordnung 45/2014 (26.02.2014). Obwohl die Mehrheit der Änderungen erst nach längerer Zeit in Kraft treten wird, setzt sich diese kurze Übersicht zum Ziel, die Aufmerksamkeit bereits jetzt auf die Wichtigkeit der Vorbereitung auf die ab 28. Mai 2022 geltenden folgenden neuen Regeln zu lenken:
- Das Inverkehrbringen von sog. „Waren von zweierlei Qualität“, das zu den irreführenden Geschäftspraktiken gehört, und dessen Sanktionierung innerhalb der EU erstmals von den Staaten der Visegrád-Gruppe angeregt wurde, wird im Bereich des Verbraucherschutzes mit einer erheblichen Geldbuße von mindestens 4% des Nettoumsatzes bzw. – sofern sich der Nettoumsatz nicht ermitteln lässt – mit einer Geldbuße von mindestens 2 Millionen Euro belegt. Das Inverkehrbringen von Waren von zweierlei Qualität umfasst dabei alle Arten der Vermarktung einer Ware in einem Mitgliedstaat als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten vermarkteten Ware, wenn sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.
Eine gute Nachricht im Zusammenhang mit dieser Änderung ist, dass das zuständige ungarische Ministerium für Innovation und Technologie (ITM) in Aussicht gestellt hat, dass es die betroffenen Marktteilnehmer darüber in Kenntnis setzen wird, wie diese ihre Geschäftspraxis ändern müssen, um der Verhängung einer Geldbuße in Zukunft vorzubeugen. Demnach werden in Ungarn präsente Handelsketten vom Ministerium in nächster Zukunft voraussichtlich einzeln angeschrieben, soweit bei ihnen früher Produkte – typischerweise Kosmetik-, Haushalts- und chemische Produkte – vorgefunden wurden, die zwar dieselbe Bezeichnung wie ihr im Ausland vermarktetes Pendant auf dem Etikett führen aber laut dem Testergebnis des chemischen Labors des Ministeriums weniger Wirkstoff als die entsprechende ausländische Ware enthalten. Eine zusammenfassende Statistik der einschlägigen Produkttests wird voraussichtlich im Frühling 2021 veröffentlicht.
- Eine ebenfalls relevante Neuigkeit der auf dem Fgytv. beruhenden ungarischen Verbraucherschutzpraxis ist, dass der Gesetzgeber die Schwere der Sanktion von zahlreichen weiteren sog. erschwerenden und mildernden Umständen abhängig gemacht hat. Bei der Festlegung der Sanktion kann die Verbraucherschutzbehörde etwa den Wert der vom Verstoß betroffenen Waren sowie die Sanktionen berücksichtigen, die gegen den Gewerbetreibenden für denselben Verstoß in grenzüberschreitenden Fällen in anderen Mitgliedstaaten verhängt wurden. Durch diese Änderung werden die auf dem Fttv. beruhenden Verfahren der ungarischen Verbraucherschutzbehörden dem bereits bekannten Szenario von aufgrund des Fttv. durchgeführten verbraucherschutzbezogenen Verfahren der ungarischen Wettbewerbsbehörde (GVH) näher gebracht. Als Konsequenz werden bestimmte Geschäftspraktiken und B2C Verbraucherkommunikationen, die zwar keine erheblichen Auswirkungen auf den Wettbewerb haben aber irreführend oder aggressiv sind, von den Verbraucherschutzbehörden nach dem 28. Mai 2022 vermutlich wesentlich härter sanktioniert.
- Auch die berüchtigte „schwarze Liste“ des Fttv. wird um vier unzulässige Tatbestände erweitert:
- Es wird verboten sein, Suchergebnisse aufgrund der Online-Suchanfrage eines Verbrauchers anzuzeigen, ohne dass dabei auch eine etwaige bezahlte Werbung oder spezielle Zahlungen, die dazu dienen, ein höheres Ranking der jeweiligen Produkte im Rahmen der Suchergebnisse zu erreichen, eindeutig offengelegt werden;
- Es wird verboten sein, Eintrittskarten für Veranstaltungen an Verbraucher weiterzuverkaufen, wenn der Gewerbetreibende, der die Eintrittskarten weiterverkauft, diese unter Verwendung automatisierter Verfahren erworben hat, die dazu dienen, Beschränkungen in Bezug auf die Zahl der von einer Person zu erwerbenden Eintrittskarten zu umgehen;
- Es wird verboten sein zu behaupten, dass Bewertungen eines Produkts von Verbrauchern stammen, die das Produkt tatsächlich verwendet oder erworben haben, soweit dies in Wirklichkeit nicht zutrifft; und
- Die Darstellung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern wird verboten sein.
- Es wird verboten sein, Suchergebnisse aufgrund der Online-Suchanfrage eines Verbrauchers anzuzeigen, ohne dass dabei auch eine etwaige bezahlte Werbung oder spezielle Zahlungen, die dazu dienen, ein höheres Ranking der jeweiligen Produkte im Rahmen der Suchergebnisse zu erreichen, eindeutig offengelegt werden;
- Der Gesetzgeber war der Ansicht, dass es höchste Zeit ist, der Preiswerbung mit fiktiven ermäßigten Preisen Einhalt zu gebieten. Aus diesem Grund hat der ungarische Minister für Innovation und Technologie mit seiner Verordnung Nr. 48/2020 (11.12.2020) auch die einschlägige gemeinsame Verordnung Nr. 4/2009 (30.01.2009) des Ministers für Wirtschaft und Entwicklung und des Ministers für Soziales und Arbeit über die Regeln für Verkaufs- und Einheitspreise von Produkten entsprechend geändert. Nach dem 28. Mai 2022 gilt für angekündigte Preisermäßigungen generell die strenge Anforderung, dass auch der sog. vorherige Preis des betroffenen Produktes angegeben werden muss, sofern es sich nicht um Lebensmittel oder um schnell verderbliche Waren oder Waren mit kurzer Haltbarkeit handelt. Wie die Änderungsverordnung formuliert, ist bei jeder Bekanntgabe einer Preisermäßigung der vorherige Preis anzugeben, den der Händler vor der Preisermäßigung über einen „bestimmten Zeitraum“ angewandt hat. Unter vorherigem Preis ist dabei der niedrigste Preis zu verstehen, den der Händler innerhalb eines Zeitraums von mindestens dreißig Tagen vor der Anwendung der Preisermäßigung angewandt hat.
- Die am 30. Dezember 2020 bekanntgemachte und zum 28. Mai 2022 in Kraft tretende Änderung der ungarischen Regierungsverordnung über die ausführlichen Regeln für Verträge zwischen Verbrauchern und Unternehmen führt eine Definition für zahlreiche neue und wichtige Begriffe (z. B. für digitale Inhalte / Dienstleistungen und für den Online-Markt) ein, und sie muss nach dem Inkrafttreten als neue Regel auch für Verträge über Wasser-, Gas-, Elektroenergie- und Fernwärmeversorgung Anwendung finden. Die Änderung erweitert darüber hinaus auch den Umfang der dem Verbraucher vor Vertragsabschluss verbindlich zu erteilenden Informationen um neue Elemente (Der Verbraucher ist etwa über die wesentlichen Parameter, die die Rangordnung der auf seine Online-Suchanfrage hin erscheinenden Angebote beeinflussen, zu informieren).
Sollten Sie Unterstützung bei der Vorbereitung für die obigen Änderungen benötigen, zögern Sie nicht, uns und unsere Expertin für Verbraucherschutzrecht zu kontaktieren.
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Dr. Andrea Magdolna NAGY, Rechtsanwältin, Leiterin des Kompetenzteams Verbraucherschutz